Von der einst markenreichen Landschaft europäischer Musikinstrumentehersteller ist ja leider nicht viel übrig geblieben. Auch der italienische Hersteller Rampone&Cazzani musste sich im Kampf auf dem sich verändernden Massenmarkt nach vielen Jahrzehnten erfolgreicher Markengeschichte geschlagen geben und die großen Produktionsstätten in Varese und Mailand, wo alle möglichen Blasinstrumente unter dem eigenen Namen sowie Komponenten für andere Marken hergestellt wurden, schließen.
In einem kleinen unbekannten Dörfchen jedoch, versteckt in den italienischen Alpen, widersetzen sich heute gut 10 Mitarbeiter mit hohem handwerklichen Anspruch und einem feinen Gespür für das Wesentliche der globalen Marktimperialisierung - und fertigen trotzig eigenständige Saxophone unter dem traditionsreichen Namen Rampone&Cazzani, vom Bariton bis zum Sopranino. Das offensichtlich originellste Merkmal dieser Saxophone ist die unvergleichlich große Auswahl an Korpusmaterialien und Oberflächen. So entstehen am Ende wunderschöne Instrumente, die sich schon beim ersten Anfassen großartig anfühlen. Hier schreibe ich über meinen Erfahrungen mit dem vergoldeten gebogenen R1-Jazz-Sopransaxophon (hoch-Fis), die anderen Größen kenne ich kaum.
Der Korpus des kleinen Soprans ist aus Goldmessing, einer besonders kupferreichen Legierung, die für einen wärmeren Klang sorgen soll. Davon sieht man natürlich nichts, weil das Instrument vollständig vergoldet ist - und zwar mit einer leicht matten, dunkel-goldenen Oberfläche, wie sie noch nie anderswo gesehen habe (auf der Abbindung hier bei Thomann ist das leider nicht zu erkennen). Das scheint so "gülden", dass man es schon fast als kitschig bezeichnen könnte. Der S-Bogen ist fest am Korpus, auch der Schalltrichter ist angelötet und nicht gesteckt/geschraubt. Die Verarbeitungsqualität ist insgesamt ordentlich, die eingeflossene Handarbeit führt unvermeidlich zu größeren Fertigungstoleranzen, nennen wir es "Persönlichkeit" jedes einzelnen Instrumentes. Die Deckung der Tonlöcher (Metallresonatoren) war schon zu Anfang sehr gut, alles an dem Sopran ist recht eng beieinander angeordnet, die Feder sind vergleichsweise stramm. Die Position der Klappen passt mir inzwischen trotz großer Hände sehr gut, die Kleinfingerpositionen brauchten etwas Gewöhnung. Im Vergleich zu anderen R1-Jazz-Sopranos, die ich inzwischen anspielen konnte, empfinde ich nur minimalste Unterschiede in der Position oder Bedienung der Klappen. Übrigens gibt es auch im Klang (warm und saftig, vielleicht "vintage", deulich mehr Jazz als Kammerensemble) kaum Unterschiede; wahrscheinlich ist bei den größeren Instrumenten das Material wichtiger für die Resonanzeigenschaften. Ansprache und Klang werden vielmehr durch die gebogene Form und durch die besonders große Bohrung bestimmt. Deren Einfluss spürt man beim Spielen sofort! Die Intonation ist völlig unkritisch, aber etwas anders als bei der Konkurrenz.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich das kleine Soprano trotz oder wegen seiner "Persönlichkeit" einfach liebe! Wer auf perfekte Fertigungsqualität und Intonation, auf leichte Spielbarkeit und strahlenden "klassischen" Klang legt, wird eh sicher etwas anderes kaufen.